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Studien belegen die Wirtschaftlichkeit von Integrativer Medizin

Studien belegen die Wirtschaftlichkeit von Integrativer Medizin Studien belegen die Wirtschaftlichkeit von Integrativer Medizin AdobeStock #252441263 ©weyo
Bereits 2024 haben wir im Zusammenhang mit einem Interview, das Stefan Reis der Initiative „Gesunde Vielfalt“ gegeben hat, auf die Organisation hingewiesen. Heute möchten wir eine interessante Mitteilung von „Gesunde Vielfalt“ zum Thema Kosteneffizienz der integrativen Medizin aufgreifen.


Die Initiative „Gesunde Vielfalt“ ist ein unabhängiger Zusammenschluss von Expert*innen unterschiedlicher Therapieformen. Sie alle haben das gemeinsame Ziel, das Zusammenwirken von konventionellen und komplementären Therapien – die Integrative Medizin – stärker in den Vordergrund der Diskussion zu rücken, um notwendige Verbesserungen des Gesundheitssystems anzustoßen.

Die Fachleute der Initiative haben sich aktuell die Kosteneffizienz komplementärmedizinischer Verfahren angeschaut. Sie kommen zu dem Schluss, dass integrative Medizin in Deutschland nicht nur beliebt ist, sondern für das belastete Gesundheitssystem auch bezahlbar. In Deutschland nutzen knapp 70 Prozent der Bevölkerung komplementärmedizinische Verfahren. Erste Studien, auch aus Deutschland, weisen darauf hin, dass viele dieser Methoden wirksam, sicher und kosteneffizient sind. Die unterstützende Anwendung von Homöopathika kann etwa dazu beitragen, den Einsatz von Antibiotika potenziell zu verringern. Sie ist auch kosteneffektiv bei wiederkehrenden Mandelentzündungen. Ebenso können dadurch kostenintensive (und oft überflüssige) Tonsillektomien verhindert werden.


Integrative Medizin bei Volkskrankheiten

Tatsächlich sind es gerade die großen Volkskrankheiten, deren naturmedizinische Behandlung nicht nur effektiv ist, sondern auch kosteneffizient. Zu den komplementärmedizinischen Verfahren, die sich im Vergleich zu herkömmlichen therapeutischen Verfahren als kosteneffektiv erwiesen haben, würden beispielsweise gehören: Akupunktur bei Migräne, manuelle Therapie bei Nackenschmerzen, Hydrotherapie bei Morbus Parkinson, eigenverantwortlich angewandtes Stressmanagement für Krebspatienten bei Chemotherapie, prä- und postoperative orale Nahrungsergänzung bei Operationen im Magen-Darm-Bereich, Biofeedback für Patienten mit funktionalen Störungen wie etwa Reizdarmsyndrom sowie Visualisierung, Entspannungstherapie und eine kaliumreiche Diät für Herzpatient*innen, so das Expertenteam.


Internistische Erkrankungen und Depressionen

Achtsamkeitsbasierte Verfahren zur Stressreduktion kommen ergänzend hinzu – sowohl, was die Wirksamkeit, als auch die Kosteneffizienz betrifft. Yoga etwa hat sich in klinischen Studien als sehr wirksam in der Behandlung chronischer Schmerzen des Bewegungsapparates erwiesen, insbesondere bei Rückenschmerzen, wo Yoga, basierend auf Forschungen, auch Einzug in die nationale Versorgungsleitlinie gefunden hat. Weitere Studien konnten auch Wirkungen u.a. bei internistischen Erkrankungen wie Reizdarm, chronisch entzündlichen Darmerkrankungen und Bluthochdruck zeigen. Einige weitere Studien wiesen zudem darauf hin, dass die gesundheitlichen Vorteile von Yoga, insbesondere bei Rückenschmerzen, aus gesellschaftlicher Sicht kosteneffizient sind [1].

Diese Einschätzung bestätigt auch eine 2024 veröffentlichte Studie [2]: Junge Frauen im Alter von 18 bis 34 Jahren, die an einer depressiven Störung erkrankt waren, erhielten ergänzend zur herkömmlichen Behandlung für 15 Monate Anleitungen zu „Mindful Yoga“. Dazu gehörten Körper- und Atemübungen, Meditation sowie das Praktizieren von Achtsamkeit. Die Gesamtkosten für die 15-monatige Intervention betrugen für die herkömmliche Behandlung 13.818 Euro. Die Ausgaben für die Kombination mit Mindful Yoga beliefen sich auf 11.966 Euro. Dieser Ansatz scheint sich daher als kosteneffizient zu erweisen. Die finanziellen Unterschiede ließen sich, den Expert*innen zufolge, vor allem durch gesellschaftliche Kosten erklären, die durch Arbeitsunfähigkeit entstehen. Diese waren „substanziell niedriger” in der Gruppe, die zusätzlich Mindful Yoga praktizierte, als in der Kontrollgruppe, die nur die herkömmliche Behandlung erhalten hatte.


Naturmedizin gegen Antibiotika-Resistenzen

Das Miteinander von konventioneller und Komplementärmedizin hat aber womöglich auch eine Antwort auf eine drängende, weltweite Herausforderung: die zunehmenden Antibiotika-Resistenzen. Wie eine in der medizinischen Fachzeitschrift „The Lancet“ Ende September 2024 veröffentlichte Analyse [3] in einem Referenzszenario prognostiziert, werden bis zum Jahr 2050 weltweit mehr als 39 Millionen Menschen durch Infektionen mit antibiotikaresistenten Bakterien sterben. Bei weiteren 169 Millionen Todesfällen können solche Erreger zumindest eine Rolle spielen. Aktuell sterben in der Europäischen Union 35.000 Menschen jährlich an Infektionen durch resistente Bakterien [4].

Arzneimittel aus der Naturmedizin könnten den Einsatz von Antibiotika reduzieren, wie eine Studie zeigt. Rund 60 Prozent aller Antibiotika-Verordnungen werden bei Infektionen der oberen Atemwege verschrieben. Weil die meisten dieser Entzündungen durch Viren und nicht Bakterien verursacht werden, können diese Medikamente ihre Wirksamkeit nicht entfalten und fördern hingegen Resistenzen gegen den Wirkstoff. Die unterstützende Anwendung von Homöopathika könne dazu beitragen, den Einsatz von Antibiotika potenziell zu verringern. Außerdem sei sie auch kosteneffektiv bei wiederkehrenden Mandelentzündungen und könne kostenintensive Mandelentfernungen (Tonsillektomien) verhindern [5].


Kosten senken durch verbesserte Gesundheitskompetenz der Patient*innen

Ein weiterer Aspekt, der die Bezahlbarkeit Integrativer Maßnahmen unterstreicht: Integrative Medizin fördert die Gesundheitskompetenz und einen nachhaltigeren Lebensstil des Einzelnen. Das kann zwei positive Auswirkungen haben: Zum einen auf derzeit noch zunehmende Zahlen bei chronischen Erkrankungen in alternden Gesellschaften. Zum anderen aber auch auf damit verbundene, derzeit stetig steigende Kosten im Gesundheitswesen. Eine Studie, die auf Zahlen aus den USA, Brasilien und den Niederlanden basiert, zeigt, dass das Ansteigen der Kosten in großem Maße verbunden zu sein scheint mit chronischen Erkrankungen und einem bestimmten Verhalten oder Lebensstil hinsichtlich Ernährung, Bewegung und Rauchen [6]. Auch in Deutschland nehmen die Ausgaben zu, zuletzt um 12 Prozent. Eine mögliche Strategie Kosten zu senken, bestehe nach Ansicht der Wissenschaftler*innen darin, Patient*innen zu ermutigen, eine aktivere Rolle bei ihrer Gesundung zu spielen. Bekommen Menschen durch eine Behandlung im Miteinander aus konventioneller und komplementärer Medizin Wege aufgezeigt, wie sie gesünder leben, wirke sich das also mittel- und langfristig auf das Gesundheitssystem aus: Sie werden seltener krank, weniger Kosten entstehen.


Forderung nach Forschungsförderung

Auch angesichts solch evidenzbasierter Erkenntnisse und Forschungserfolge sind sich die Experten einig, dass mehr Studien zur Kosteneffizienz innerhalb der Integrativen Medizin notwendig sind. Steigende Kosten im Gesundheitswesen würden ökonomische Evaluationen für weitere Entscheidungen erforderlich machen. Kosteneffektivitätsstudien seien entscheidend, um die sozioökonomische Relevanz der Integrativen Medizin zu bewerten.

Quelle: www.gesundevielfalt.org


Literatur

  • Aboagye E, Karlsson ML, Hagberg J, Jensen I. Cost-Effectiveness of early interventions for non-specific low back pain: a randomized controlled study investigating medical yoga, exercise therapy and self-care advice. J RehabilMed; 2015 Feb; 47(2): 167–173
  • Vollbehr NK, Stant AD, Hoenders HJR et al: Cost-effectiveness of a mindful yoga intervention added to treatment as usual for young women with major depression disorder versus treatment as usual only: Costeffectiveness of yoga for young women with depression. Psychiatry Res. 2024 Mar; 333: 115692
  • Naghavi M, Vollset SE, Ikuta KS et al. Global burden of bacterial antimicrobial resistance1990–2021: a systematic analysis with forecasts to 2050. The Lancet 2024; 404: 1199–1226
  • European Centre for Disease Prevention and Control zum European Antibiotic Awareness Day: https://www.ecdc.europa.eu/sites/default/files/documents/AMR brief - EAAD 2023_DE.pdf
  • Ostermann T, Park AL, De Jaegere S et al. Cost-effectiveness analysis for SilAtro-5-90 adjuvant treatment in the management of recurrent tonsillitis, compared with usual care only. Cost Eff Resour Alloc 2021; 19(1): 60. doi:10.1186/s12962-021-00313-4.
  • Hoenders R, Ghelman R, Portella C et al. A review on the WHO strategy on traditional, complementary, and integrative medicine from the perspective of academic consortia for integrative medicine and health. Front Med 2024; 11: 1395698. doi: 10.3389/fmed.2024.1395698.


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