Mitglieder-Login

Mitglieder-Login

Bitte warten, Berechtigungsprüfung ...
×

S3-Leitlinie „Fiebermanagement bei Kindern und Jugendlichen“ erschienen

S3-Leitlinie „Fiebermanagement bei Kindern und Jugendlichen“ erschienen S3-Leitlinie „Fiebermanagement bei Kindern und Jugendlichen“ erschienen AdobeStock #443359375 ©Irina Schmidt
Was tun, wenn das Kind Fieber hat? Eine neue S3-Leitlinie klärt auf. Die zentrale Botschaft lautet: Fieber ist keine Krankheit, sondern eine Reaktion des Körpers – und meist keine, die behandelt werden muss. Hilfreiches Plus der Leitlinie: eine begleitende Elterninformation.


Bislang existierte in Deutschland keine Leitlinie zum Umgang mit erkrankungsbedingtem Fieber bei Kindern und Jugendlichen. Die S3-Leitlinie wurde nun unter der Federführung der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) erarbeitet und von Prof. Dr. David Martin, Kinderarzt, Leiter des Instituts für Integrative Medizin und Lehrstuhlinhaber für Medizintheorie, Integrative und Anthroposophische Medizin an der Universität Witten/Herdecke (UW/H), koordiniert.

In der Leitlinie finden sich klare, wissenschaftlich geprüfte Handlungsempfehlungen zum Umgang mit Fieber bei Kindern – für Ärzt*innen, Heilpraktiker*innen und Pflegekräfte. Für Eltern und alle, die Kinder betreuen, gibt es eine Elterninformation.


Fieber ist keine Notfallsituation, wenn keine Warnzeichen vorliegen

Fieber ist in der Regel eine hilfreiche Abwehrreaktion des Körpers. Dementsprechend empfehlen die Expert*innen nicht mehr, Fieber allein aufgrund seiner Höhe zu senken. Entscheidend ist, wie sich das Kind fühlt. Nur wenn es sichtbar unter dem Fieber leidet und andere Maßnahmen nicht geholfen haben, kommen Medikamente wie Paracetamol oder Ibuprofen infrage. Und auch dann nur über einen begrenzten Zeitraum. Besser sei es, viel zu trinken, zu schlafen, Wärme spenden, Zuwendung – das Kind soll sich sicher und geborgen fühlen. Maßnahmen wie Wadenwickel sind laut Prof. Martin „nur bei warmen Extremitäten und subjektivem Unwohlsein sinnvoll und sollten körperwarm, nicht kalt sein“.


Antibiotika mit Bedacht

Zudem widerspricht die Leitlinie dem weitverbreiteten Irrglauben, fiebersenkende Mittel würden den Krankheitsverlauf verkürzen oder Fieberkrämpfe verhindern. „Sie können sogar Nebenwirkungen verursachen, wenn sie unnötig gegeben werden“, sagt Prof. Martin. Eine Ausnahme gilt für die Meningokokken-B-Impfung: Hier empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) vorbeugend gegen Fieber und Schmerzen Paracetamol zu geben. Das gilt vor allem, wenn gleichzeitig noch andere Impfungen erfolgen. Das Medikament sollte am besten direkt mit der Impfung oder kurz danach eingenommen werden.

Eine weitere wichtige Botschaft: Fieber ist kein Grund für Antibiotika. Die meisten fieberhaften Infekte seien viral bedingt. Eine unnötige Gabe könne das Mikrobiom schädigen, Resistenzen fördern und Nebenwirkungen verursachen.

Ob therapeutische Hilfe nötig ist, hängt nicht allein von der Temperatur ab – sondern vor allem vom Allgemeinzustand des Kindes und klar definierten Warnzeichen, wie zum Beispiel schrilles Schreien, Bewusstseinsstörungen, Atemnot oder Austrocknung. Auch die Rekapillarisierungszeit, die Zeit bis zur Durchblutung nach Druck auf die Haut, ist ein relevanter Faktor. Diese darf maximal zwei Sekunden betragen, eine längere Zeit deutet auf eine Durchblutungsstörung hin.


Säuglinge brauchen besondere Aufmerksamkeit – und Kinder ausreichend Erholung

Auch bei der Temperaturmessung gibt es klare Empfehlungen: Bei Säuglingen sollte rektal gemessen werden, bei älteren Kindern reicht ein Trommelfellthermometer. Stirn- oder Achselmessungen sind zu ungenau. Jugendliche können – mit Einschränkungen – auch oral messen. Besondere Vorsicht gilt bei Vorerkrankungen und Säuglingen unter drei Monaten: Bereits bei Fieber ab 38 °C (rektal) ist ärztliche Abklärung erforderlich, da in dieser Altersgruppe auch bei leicht erhöhten Temperaturen schwere bakterielle Infektionen möglich sind.

Auch die Rückkehr in Kita oder Schule ist ein Thema der Leitlinie: Kinder sollten mindestens einen vollen Tag fieberfrei und wieder belastbar sein. Arbeitgeber, so die Empfehlung, sollten diese Erholungszeit unterstützen – sie ist eine Investition in die Gesundheit aller.


Begleitende Elterninformation

Fieber gehört zu den häufigsten Symptomen im Kindesalter – und ist gleichzeitig ein Anlass für große elterliche Verunsicherung. Die neue Leitlinie vermittelt deshalb ein zentrales Verständnis in Richtung der Eltern: Fieber ist keine Krankheit, sondern eine normale Reaktion des kindlichen Immunsystems. Die Elterninformation unterstützt Eltern dabei, das Befinden des Kindes differenziert zu beobachten, unnötige Eingriffe zu vermeiden und bei Bedarf angemessen zu reagieren. Die Information will Eltern ermutigen, dem natürlichen Verlauf von Fieber zu vertrauen – ohne unnötige Medikamente oder voreilige Arztbesuche.

Eltern und Bezugspersonen finden in der Elterninformation z.B. konkrete Hinweise zur Behandlung zu Hause, Anleitungen zum korrekten Fiebermessen und zum Erkennen von Warnzeichen. Sie liefert darüber hinaus Antworten auf die Fragen, wann Fiebersenkung sinnvoll ist und welche Rolle Medikamente oder pflegende Maßnahmen spielen.


Anmerkung

Wer eingangs bei der Namensnennung des Koordinators, David Martin, gestutzt hat, erinnert sich womöglich an dessen auch von uns bereits (siehe Newsletter Nr. 118) erwähnten empfehlenswerten Vortrag zur Forschung mit Homöopathika: https://youtu.be/KvgzBpAR5b4?si=u19YTu6StsKY5kmK


Originalpublikation

Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e. V. DGKJ. S3-Leitlinie: Fiebermanagement bei Kindern und Jugendlichen. 1. Auflage 2025. AWMF-Register Nr. 027-074: https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/027-074.

Die Elterninformation finden Sie hier: https://register.awmf.org/assets/guidelines/027-074p1_S3_Fiebermanagement-Kinder-Jugendliche_2025-07.pdf

Quelle: Universität Witten/Herdecke
Teilen auf FacebookTeilen auf Twitter